- 28 -
noch stärker als die Tschechen
zu spüren bekämen. Das Lokal- und Ausgehverbot wurde
von den Juden vielfach nicht mehr beachtet; in
Horaschdowitz (OLB Klattau) erklärten z.B. Juden,
die nach 20 Uhr auf Straßen und in öffentlichen
Lokalen angetroffen wurden, sie wüßten von einem
derartigen Verbot überhaupt nichts. Kinos, Ausflugslokale
und öffentliche Anlagen sind von den Juden
teilweise geradezu überlaufen. Aus allen Teilen
des Protektorates wird berichtet, daß sie bei
Theatervorstellungen sehr anmaßend auftreten, sich
rege als Zuschauer von Sportveranstaltungen beteilig
en, als Radfahrgesellschaften erscheinen oder
an Sonntagen die Moldaudampfer in unerträglicher
Weise bevölkern. Aus Saar (OLB Iglau) wird gemeldet,
daß mehrere Juden ihre Geschäfte formell auf
bei ihnen angestellte Tschechen überschreiben liessen
und nunmehr weiterhin als angebliche Angestellte
der Tschechen fungieren. In Leitomischl und
Patzau warnten Juden in herausfordernder Form Interessenten
vor dem Ankauf jüdischen Besitzes, da
dieser bei dem zu erwartenden politischen Umsturz
sowieso wieder in ihre Hände zurückgelange. So sahen
sichin verschiedenen Fällen anti-jüdische Kreise
veranlaßt, Einzelaktionen gegen die Juden zu
unternehmen. In Brünn mehrten sich die Stimmen der
deutschen Bevölkerung, die die Errichtung eines
Ghettos für die annähernd 12 000 noch dort anwesenden
Juden fordern. In Reichenau a.d.Kn. (OLB Kö-
niggrätz) kam es am 20.4. zu einer Selbsthilfeaktion
der Volksdeutschen gegen die dortige Judenplage,
wobei aus verschiedenen Gasthäusern die anwesenden
Juden verjagt wurden. In Mährisch-Ostrau herrschte
Erregung über den Rücktransport der am 18. Oktober
1939 nach Nisko am San/Gouvernement abgeschobenen
Juden; ihre Ankunft aus dem auf Veranlassung