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II. Das Deutschtum.
Während des Monats Juni standen beim Deutschtum des Protektorates
die
aussenpolitischen Ereignisse derartig im Vordergrund,
dass alle deutschen Inlandsvorgänge völlig zurücktraten.
Der Protektoratsbesuch führender reichsdeutscher Persönlichkeiten
wie des Reichsministers Kerrl, des Reichskriegerführers SS-Gruppenführer
Reinhardt oder des Reichskriegsopferführers
Oberlindober fand daher weit geringere Beachtung
als ähnliche frühere Besuche. Stimmungsmässig zeigte bereits
der Anfang des Monats nach der Kapitulation Belgiens und dem
Abschluss der Flandernschlacht einen Höhepunkt der Siegeszuversicht
des gesamten Deutschtums. Dennoch brachte die Siegesnachricht
von Narvik, der Fall von Paris und der Kriegseintritt
Italiens noch eine Steigerung, die sich an spontanen Kundgebungen,
so in Prag vor dem Czernin-Palais und dem Italienischen
Generalkonsulat oder in Brünn vor dem Haus des Fascio, erwies.
Schliesslich löste die französische Bitte um Waffenstillstand
vielerorts, z.B. in Budweis und Olmütz, Freudenkundgebungen aus.
Bei Besetzung Strassburgs bestand verständlicherweise in dem für
Volksdeutsche Fragen aufgeschlossenen Deutschtum des Protektorates
eine besondere Genugtuung. Tiefen Eindruck hinterliessen
die verschiedenen OKW-Abschlussberichte und die Tagesbefehle
des Führers. Die mit Ungeduld seit langem erwarteten Sonderwochenschauen
vom Kriegsschauplatz wurden bei ihrer Einführung
Anfang Juni in Prag, Brünn, Mähr. Ostrau, Pilsen und Olmüiz freudigst
begrüsst. Auf die Siegesmeldungen von der Westfront hin
setzte beim Deutschtum jeweils sofort eine durchwegs gute Beflaggung
ein, die oft aus Begeisterung selbsttätig verlängert
wurde. In grösseren Städten und in Prag selbst jedoch fiel es
teilweise auf, dass deutsche Geschäfte oder unter kommissarischer
Leitung von Deutschen stehende Unternehmungen trotz laufender
Aufträge von deutschen Stellen keine Beflaggung zeigten.
Auch Streudeutsche wagten noch in diesem Monat vielfach nicht,