- 36 -
die von den Hintergründen dieser Benachteiligung nichts
wissen, richten daher ungerechtfertigt ihre Klagen gegen
den deutschen Kaufmann, dem meist die Absicht unterschoben
wird, er wolle die mangelnde Ware nicht abgeben
oder er wäre weniger tüchtig als der tschechische
Kaufmann. Nicht zuletzt liegt hier auch eine versteckte
Ursache oder Begünstigung jenes Schleichhandels
unter den Tschechen, von dem die Deutschen zwangsläufig
ausgeschlossen sind. Sowohl die Stimmen unter der
deutschen Bevölkerung als auch die unter den deutschen
Kaufleuten und Gewerbetreibenden fordern daher entsprechend
dem erweiterten Kundenkreis eine Erhöhung der
Warenzuteilung. In vielen Orten führte dieser Umstand
bereits zur Abwanderung deutscher Kunden von deutschen
Kaufleuten. Dies führte zur Verschlechterung der allgemeinen
Lage und Stimmung. Die Verbitterung ist umso
grösser, als die Aufklärungsarbeit der Partei besonders
die Verordnung propagiert, nach der jede einzelne deutsche
Position im fremdvölkischen Gebiet mit allen Mitteln zu halten ist.
Eine weitere Härte für den deutschen Handel und für das
deutsche Handwerk ist durch die erfolgten Einberufungen
zur Wehrmacht eingetreten. Eine grosse Anzahl grösserer
und kleinerer Unternehmen seien, wie aus einzelnen Gebieten
berichtet wird, bereits geschlossen worden, eine
weitere, noch grössere Anzahl stehe vor der Schliessung.
Die Inhaber dieser Firmen wären daher nicht in der Lage,
ihren Verpflichtungen der Reichswirtschaftshilfe gegenüber
nachzukommen. Ein Nachlassen des Boykott's konnte
auch im vergangenen Monat nirgends festgestellt werden.
Nach wie vor haben nicht nur Deutsche, sondern im gleichen
Masse auch deutschfreundliche Tschechen darunter
zu leiden. Die ablehnende Haltung der tschechischen
Kaufleute gegenüber den deutschen Kunden ist ein zeitgemässes
Zeugnis sowie ein Gradmesser für die allgemeine
Stimmung, die auf die aussenpolitischen Ereignisse
mit präziser Genauigkeit reagiert. Sogar die Reichshilfe
an Deutsche hat neben ihrer stimmungsmässigen
Auswirkung in der Bevölkerung auch bei den Kaufleuten
die Gefühle des Hasses aufleben lassen, die in offenen
Boykottbekenntnissen zum Ausdruck kommen.
Die Organisation des
Handwerks bezw. dessen fachliche
und regionale Gliederung schreitet innerhalb des Zentralverbandes
des Handwerks weiter fort. Um der deutschen Einfluss
in der Leitung der Landesverbände sicherzustellen,
wurde bisher immer ein Tscheche und ein Deutscher als Vorsitzender
und Vorsitzender-Stellvertreter oder umgekehrt